Begonnen hat unsere dreiwöchige Englandreise 2017 eigentlich bereits mit einem Kurztrip nach Edinburgh ein paar Monate zuvor. Wir waren so schockverliebt in alles was wir entdeckten, dass wir unbedingt mehr von diesem Land sehen mussten. Bevor es im Juli 2017 losgehen konnte, haben wir natürlich überlegt was und wie und wo.
Das WO und WAS war eigentlich schnell erledigt: Die ungefähre Reiseroute hatte ich schon mal an einem verregneten Vormittag im Bett zusammengestellt. Gebucht haben wir vorab dann nur das allererste Hotel in Whitstable und das auf der Durchreise in Belgien.
Beim WIE waren wir uns auch schnell einig: Fahren wollten wir mit dem eigenen Auto. Klar man sitzt dann in England gefühlt auf der falschen Seite, aber das eigene Auto kennt man einfach am besten und so muss man sich nur auf den Linksverkehr und nicht noch auf ein fremdes Auto konzentrieren. Außerdem war ich im fünften Monat schwanger - da wollten wir einfach so flexibel wie möglich sein. Und ich kann euch jetzt schon verraten, dass alles gut gegangen ist.
Einig waren wir uns auch sofort, dass wir den Zug durch den Eurotunnel nehmen und nicht die Fähre. Wir beide haben mit Schiffen und Wellen so unsere Probleme.
Das Ganze war dann auch ziemlich einfach - Ticket vorher online kaufen (der Standardpreis für ein Fahrzeug bis 1,85 Meter Höhe geht bei ca.125 EUR los und es gibt verschiedene Tarife), in der Schlange anstellen für Check-in und Passkontrolle, in den Zug fahren, fertig. Nur, dass es echt alles ganz schön eng ist. Wenn der Zug einmal losfährt und dann im Tunnel ist, hat man so ein bisschen das Gefühl, als würde man schweben. Für Menschen wie mich mit Platzangst nicht so angenehm (weil man ja auch nicht einfach weg kann), aber besser als die Alternative auf dem Wasser. Nach ungefähr einer halben Stunde waren wir auch schon auf der anderen Seite und man wird die ersten Kilometer auch immer schön daran erinnert, doch bitte links zu fahren. Nach den ersten drei größeren Kreisverkehren hatten wir uns auch schon daran gewöhnt.
Tag 1: Dover - Whitstable 50 km
England begrüßte uns mit Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen. Statt die Zeit im Auto zu verbringen, haben wir spontan auf einem Parkplatz an den Kreidefelsen von Dover angehalten. Der Ausblick war einfach fantastisch - rechts der Hafen an dem die Fähren anlegen, in der Mitte der Ärmelkanal und links die gigantischen Kreidefelsen. Der Anblick von der Fähre aus, wenn man auf die weißen Klippen hinschippert, ist wahrscheinlich atemberaubend. Wer mag, kann den ganzen Tag an den „White Cliffs“ verbringen: die Fähren beobachten wie sie erst Autos ausspucken und dann wieder voll beladen werden, entlang der Küstenlinie spazieren gehen, den South Foreland Leuchtturm oder die Tunnelanlage Fan Bay Deep Shelter aus dem Zweiten Weltkrieg besichtigen. Tickets und Informationen bekommt man ausreichend im Besucherzentrum. Nach einem Spaziergang und einer kleinen Teepause sind wir dann weitergefahren nach Whitstable, der Austernhauptstadt Englands. Wir haben dort allerdings nichts weiter gemacht, als am Strand entlang zu spazieren, Eis zu essen und die Sonne zu genießen. Unser Hotel "Continental" (DZ ab 150 EUR) lag direkt am Meer und dort haben wir abends auch gleich im Restaurant gegessen: frittierte Austern und Kabeljau. Ich bin ja überhaupt kein Fisch- oder Meeresfrüchteesser, aber das war echt lecker! Ganz frisch eben. Mit dem Hotel an sich waren wir sehr zufrieden - schöne helle gemütliche Zimmer, gute Frühstücksauswahl und ein eigener Parkplatz eine Straße weiter. Das Bett war uns persönlich zu weich und in der Haupturlaubssaison ist es halt spät abends direkt am Strand etwas lauter. Geschlafen haben wir trotzdem und am nächsten Tag ging es dann weiter zur ersten Schlossbesichtigung: Leeds Castle.
Tag 2: Whitstable - Lavenham 205 km
Leeds Castle ist 900 Jahre alt und wurde mehrfach umgebaut und verändert. Überall findet man die Einflüsse der unterschiedlichen Bewohner. Unter Heinrich dem VIII. wurden im Bankettsaal die schmalen Schießscharten von großen Erkerfenstern ersetzt. Die wunderschöne hölzerne Wendeltreppe ließ Lady Baillie, die letzte private Besitzerin des Schlosses, einbauen. Die verschiedenen Schlafzimmer, Salons und Säle sind allesamt sehenswert. Da muss man auch auf Details wie verwendete Materialien oder hübsch platzierte Antiquitäten achten. Sowas mag ich ja total gern - ich könnte mich in einen solchen Raum setzen und stundenlang einfach nur gucken und entdecken. Spannend finde ich dann auch immer die Geschichten hinter den einzelnen Gegenständen. Aber da ich ja nicht allein unterwegs war und wir auch keine drei Wochen Urlaub in Leeds Castle gebucht hatten, blieb die Zeit nur für eine „normale Touristenbesichtigung“.
Aber nicht nur das Schloss selbst muss man mal gesehen haben, sondern auch dessen Umgebung: Culpeper Garden, der als typisch englischer ländlicher Garten angelegt wurde. Der Mediterrane Garten mit Blick auf den Great-Water-See. Cascade Garden von dem man aus den ersten Blick auf das Schloss erhaschen kann. Und natürlich der Irrgarten, die Hundehalsbandausstellung (ja die gibt es dort tatsächlich!), die Raubvögel der Falknerei, die Abenteuerspielplätze für die Kinder und der Waldweg entlang des Flusses Len. Idyllischer gehts kaum und ich hätte auch gut und gern noch mehrere Stunden in den Gärten verbringen können. Aber wir hatten für diesen Tag ja noch Colchester auf dem Plan - die älteste dokumentierte Stadt Englands. Dort haben wir einen kleinen Stadtbummel gemacht. Durch die Gartenanlagen von Colchester Castle, vorbei am Rathaus, dass im Barockstil erbaut wurde, bis hin zur alten römischen Stadtmauer. Absolut entzückend sind die kleinen bunten Häuser der Trinity Street und ein Blick in die Schaufenster der Geschäfte lohnt sich allemal. Auf dem Rückweg standen wir plötzlich vor den Überbleibseln des Colchester St. Botolph’s Priory, einem mittelalterlichen Augustinerkloster. Nachdem wir auch dort alles besichtigt hatten, sind wir weiter gefahren nach Lavenham. Wer Fachwerkarchitektur mag, ist dort genau an der richtigen Stelle. Wunderschöne alte schiefe Häuser, die Pubs, Hotels oder einfach Wohnungen beherbergen. Unser Hotel The Great House (DZ ab 110 EUR) befand sich direkt am Marktplatz. Das Gebäude wurde im 14. und 15. Jahrhundert erbaut und innen sehr elegant restauriert. Unser Zimmer war der absolute Knaller: zwei riesig große Betten, ein seeehr schmaler Gang zum modernen Bad und eine Karaffe Sherry zur freien Verfügung (er soll sehr gut geschmeckt haben wurde mir gesagt). Nach Pasta und gebackenem Camembert im Lavenham Greyhound Restaurant und einem kleinen Stadtbummel waren unsere Füße froh, dass sie endlich Ruhe hatten. Für diesen Tag.
Tag 3: Lavenham - York 314 km
Die Fahrt nach York war ziemlich lang und bei unserer Ankunft war es recht kühl und es regnete in Strömen. Doch York muss man gesehen haben, schließlich hat die Stadt in 2000 Jahren Wikinger, römische Kaiser, normannische Ritter und unzählige Könige und Adlige erlebt. Die Hauptattraktion der Stadt, den Yorker Münster, haben wir uns nur von außen angesehen - zu lang war uns die Menschenschlange die gern hinein wollte. Wir sind lieber durch die kleinen und ziemlich vollen Gassen geschlendert, haben uns die Geschäfte, Gebäude und die Burgruine angesehen und sind schließlich in den „Shambles“ gelandet. Das ist eine alte Straße mit überhängenden Fachwerkhäusern und zahlreichen Souvenirläden, Restaurants, einer Buchhandlung und einer Bäckerei. Die lange Fahrt hatte sich auf jeden Fall gelohnt. Übernachtet haben wir im Holiday Inn (DZ ab 160 EUR) und im hoteleigenen Restaurant gabs lecker Burger. Also genau das Richtige nach einem anstrengenden, kalten, nassen Tag. Ganz ehrlich - das war nicht der letzte Tag, an dem ich froh war, die Winterjacke eingepackt zu haben!
Tag 4: York - Whitby 200 km
An Tag 4 stand wieder laufen, laufen, laufen auf dem Programm. Unsere Reise führte uns zu Fountains Abbey, der Ruine eines Klosters mit einer riesigen Parkanlage. Dort gibts es unzählige Fotomotive und wir mussten jede Ecke dort ganz genau erkunden, einfach weil es so spannend war. Schon der Weg dorthin war idyllisch: saftige grüne Wiesen, Schafe und dann der erste Blick auf die Überbleibsel des riesigen Klosters. Durch einen großen Torbogen gelangt man ins Innere von Fountains Abbey und kann dort die greifbare Atmosphäre von Ruhe, Stärke und Gelassenheit spüren. Das riesige Kirchenschiff, die mächtigen Bögen, der Turm und die Hallen sind einfach überwältigend. Von dort aus führte uns der Weg neben dem kleinen Bach direkt zu Fountains Abbey Mill - der Getreidemühle des Klosters. Diese soll die besterhaltene Wassermühle Englands sein. Sie wurde nicht nur als Wassermühle und Getreidespeicher genutzt, sondern im Laufe der Jahre auch als Sägemühle, Kraftwerk, Molkereibetrieb, Unterkunft für Flüchtlinge im Zweiten Weltkrieg, Feierstätte und Lagerraum. Weiter ging es zu Fountains Hall, einem Landsitz der noch bewohnt wird. Er wurde teilweise aus Steinen des Klosters erbaut. Der davor angelegte Kräuter- und Obstgarten sowie das kleine Gartenhäuschen laden zum Verweilen ein. Nach einer kurzen Pause haben wir uns wieder auf den Weg gemacht - den Studley Royal Water Garden wollten wir schließlich auch noch sehen. Beginnend bei der Rustic Bridge kommt man am Mondteich vorbei, dessen kreisförmige Wasserfläche den Mittelpunkt der Gartenanlage bildet. Bei den zahlreichen Tempeln, Skulpturen und Pavillons entdeckt man hinter jeder Wegbiegung wieder etwas Neues. Vorbei an St. Mary’s Church und querfeldein zum Parkplatz haben wir dann auch irgendwann unser Auto wiedergefunden und sind weitergefahren bis zur Küste nach Robin Hood’s Bay. Ein richtig schöner kleiner Fischerort, der aber von Touristen ziemlich überfüllt ist. Wir sind trotzdem durch das traditionelle Unterdorf mit seinen engen Gassen bis zum Strand geschlendert und zurück über die seeeeehr steile Straße ins Oberdorf. Robin Hood’s Bay wurde einst als Schmugglernest bekannt, weil dort Rum, Seide und andere Schätze durch Tunnel und Straßen in Verstecke geschmuggelt wurden. Heute gibt es die sogenannten „Ghost Walks“, in denen einem diese Geschichten direkt vor Ort nähergebracht werden. Total fertig und verschwitzt sind wir dann nach Whitby in unser Hotel gefahren. Im "The Seacliffe" (DZ ab 100 EUR) hatten wir unser Zimmer ganz oben unterm Dach, aber mit Blick aufs Meer. Das Frühstück war typisch englisch mit nicht soooo viel Auswahl, aber es war ok. Am Abend sind wir nochmal am Wasser entlang bis zum Hafen gelaufen. Whitby ist als See-Erholungsort bekannt. Dementsprechend findet man einige Hotels und Unterkünfte und am Hafen Restaurants, Imbisse und Spielhallen. Für mich sah das ehrlich gesagt mehr nach dem Glanz vergangener Tage aus. Alles ein bisschen älter und etwas „heruntergekommen“. Der kleine Hafen an sich war aber wirklich hübsch. Und als wären wir an dem Tag noch nicht genug bergauf und bergab gelaufen, war der „Aufstieg“ zurück zum Hotel schon ziemlich anstrengend. Aber mit Meeresrauschen einschlafen und aufwachen entschädigt für alles.
Tag 5: Whitby - Melrose 355 km
Heute hatten wir uns vorgenommen Hadrian’s Wall anzusehen. Wir hatten Koordinaten wo sich ein ansehnliches Stück davon befinden sollte. Wir sind auch mehrere Runden dort gedreht, haben die Felder abgesucht, aber nichts. Kein einziges Stückchen Stein. Irgendwo haben wir dann einen Parkplatz gefunden und ein Besucherzentrum. Da dort aber nichts vom Hadrianswall zu lesen war und wir auch keine 26 Pfund pro Person für ein eigentlich frei zugängliches Stück Mauer ausgeben wollten, haben wir nach über einer Stunde Suche aufgegeben und uns auf den Weg nach Schottland gemacht. Unterwegs als ich gerade dabei war die Aussicht zu genießen, hab ich auf einem Feld plötzlich eine richtig lange steinerne Mauer gesehen. Also Vollbremsung (gut, dass auf den Straßen dort meist nicht viel los ist), rechts in eine Einbuchtung gefahren und ausgestiegen. Und da war er tatsächlich: Hadrian’s Wall! Also ein Stück davon. Der Mann meinte „Aha, so ein Drama wegen ein paar Steinen, die auf einem Feld herumliegen.“, ich wiederum war total hin und weg, weil da ja ein ziemlich großes Stück Geschichte vor uns lag. Der Wall wurde schließlich vor fast 1.900 Jahren gebaut und existiert heute noch. Wer da schon alles war und was diese Steine schon alles erlebt haben… da kann ich mich schon ziemlich für begeistern. Als ich mich dann doch losreißen konnte, sind wir weiter nach Moffat gefahren. Dort beginnt eine der schönsten Straßen Südschottlands - die A708. Grüne Hügel, Täler durch die die schmale kurvige und bucklige Straße führt, Unmengen an Schafen, wieder Steinmauern, Seen, Natur pur und natürlich „Grey Mare’s Tail“, der fünfhöchste Wasserfall Großbritanniens. Dort haben wir uns tatsächlich wie in Schottland gefühlt - also so wie man sich Schottland immer vorstellt, genauso war es dort auch.
Leider ging es einem Reisebegleiter eher schlecht (wohl vom Frühstück), also haben wir an dem Tag nichts weiter gemacht. Die Abbey in Melrose haben wir uns kurz von außen angesehen (ein Besuch im Inneren lohnt sich aber mit Sicherheit) und dann dort im Café gegenüber ganz klassisch Tee getrunken, bevor wir in unser Hotel gefahren sind. Das Dryburgh Abbey Hotel (DZ ab 100 EUR) ist echt richtig richtig schön. Im viktorianischen Stil gehalten, ein sehr elegantes hübsches Restaurant, Zimmer im edlen schottischen Landhausstil. Halt mal was ganz Anderes.
Tag 6: Melrose - Dundee 194 km
Gleich neben dem Hotel befindet sich die Dryburgh Abbey oder besser gesagt ihre Ruinen. Dort war es so idyllisch und ruhig (das war in dem Urlaub wohl sowieso mein Lieblingswort), ja fast verwunschen: die Abtei steht mitten in einem Park mit großen alten Bäumen, schattigen Plätzchen, dem Fluss Tweed… hach ich gerate ins Schwärmen. Aber verständlich, dass sich Sir Walter Scott, der große schottische Dichter, genau dort hat begraben lassen. Nachdem wir uns von der romantischen Stimmung lösen konnten, sind wir weiter bis zur Halbinsel Fife gefahren - immer entlang der Küste und durch die Fischerdörfer Pittenweem und Crail bis nach Dundee. In Crail haben wir eine kleine Pause am Meer gemacht (Achtung - selbst im Sommer ist das Wasser einfach eiskalt) und die Ruhe und das Rauschen der Wellen genossen. Die Fahrt an sich war ziemlich anstrengend - enge Straßen mit viiiielen Kurven. Also kam eine kleine Auszeit an der frischen Luft gerade Recht. Übernachtet haben wir in Dundee im Double Tree by Hilton (DZ ab 100 EUR). Gewohnt gute Qualität.
Tag 7: Dundee - Elgin 203 km
Am nächsten Tag ging es endlich zum Balmoral Castle! Ein Highlight auf das ich mich schon seit Beginn, ach was sag ich, seit Planung unserer Reise gefreut hatte! An dieser Stelle muss ich mich einfach als Fan des britischen Königshauses outen - mit denen würde ich zu gern mal Tee trinken. Ja jedenfalls Balmoral Castle, das Dornröschenschloss mit seinen vielen kleinen Türmchen, liegt idyllisch (da ist es wieder) am Fluss Dee umgeben von typisch schottischer Landschaft und ist die Sommerresidenz von Queen Elizabeth II. Vom Inneren des Schlosses kann man bis auf den Festsaal nichts besichtigen und auch durch die Fenster ist nichts zu erspähen, weil diese abgehangen sind. Glaubt mir, ich habe jedes Fenster abgesucht ;) Aber beeindruckend sind die Außenanlagen allemal: die Stallungen mit diversen Ausstellungen, der Park mit Blumenrabatten und Springbrunnen, Gemüse- und Kräutergärten, das Gewächshaus der Queen im Stil einer Orangerie mit einer Blütenpracht die ich so noch nicht gesehen habe und natürlich das Gartenhaus. Dort darf man immerhin durch die Fenster ins Innere lugen. Essen konnte man im Restaurant auch ziemlich gut. Seit Schottland bin ich ja zum Suppenkasper mutiert und das können die dort wirklich - Suppen in allen Variationen mit frischem Brot. Hmm lecker!
Zurück am Auto führte uns der Weg über sehr schmale und kurvige Straßen, vorbei an Schafherden und wolkenverhangenen Hügeln bis zum Malt Whisky Trail. Der Herzensmann liebt guten Whisky und Schottland ist eben bekannt dafür. Wer sich ein wenig damit befasst hat, weiß, dass sich dort in der Region Speyside (vom Fluss Spey) die weltgrößte Anzahl von Whisky-Destillen befindet. Der Malt Whisky Trail ist eine Marketinginitiative, die an einen u.a. an aktiven Brennereien vorbeiführt. Wir haben Glenfiddich, Glenlivet, Balvenie, Ben Riach, Glen Moray, Craigellachie und GlenGrant besucht. Natürlich nur von außen - ich war ja schwanger, einer musste fahren und wir hätten sonst eine Woche dort zubringen können. Aber wer Lust und Zeit hat, kann dort jeden Tag einen anderen Whisky verkosten ;) Dufftown gilt dabei als Whisky-Hauptstadt und wer es gern zügiger angeht, kann dort im örtlichen Whisky Shop über 600 Sorten kaufen. Übernachtet haben wir im Mansion House Hotel (DZ ab 100 EUR), einem Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert, das neben eleganten Zimmern vor allem mit einem Spa, Innenpool und Gourmetrestaurant punkten kann. Und das Essen war wirklich klasse! Wir durften im Kaminzimmer warten und schon unser Essen aussuchen und wurden dann an einem elegant eingedeckten Tisch platziert. Auch das Frühstück war sehr gut. Also ging die Reise für uns sehr zufrieden weiter.
Tag 8: Elgin - Loch Maree 244 km
Tag 8 führte uns zuerst zu Loch Ness und Urquhart Castle, der am See gelegenen Burgruine. Eins vorab - auch nach ganz genauem Hinsehen haben wir Nessie nicht erblicken können ;) Aber die Burg war toll - viel Grün, die Ruinen, die Sonne auf dem Wasser. Wieder Idylle pur. Wären da nicht die Menschenmassen gewesen, die sich alle die alte Burg ansehen wollten. Aber allein wegen der jahrtausendalten Geschichte die sich dort abgespielt hat, muss man einmal dort gewesen sein: die erste Befestigung des Ortes erfolgte wohl bereits im 6. Jahrhundert, die erste richtige Festung entstand 1230. Mehrmals wurde die Burg in Kämpfen verloren und zurückerobert, viele Besitzer und Bewohner hat sie erlebt bis sie 1692 verlassen wurde. Nach einer kleinen Souvenir-Shoppingtour und einer Suppe im dazugehörigen Café, ging es weiter über schmale Straßen bis an die Westküste. Dort wollten wir uns unbedingt Inverewe Gardens ansehen, einen der nördlichst gelegenen botanischen Gärten der Welt. Dort wäre ich gern mit einem Spaten durchgelaufen. Was dort durch die Lage am Golfstrom alles wächst - für diesen Breitengrad eigentlich total untypisch. Auf einer Fläche von etwa 40 Fußballfeldern findet man unzählige Rhododendren, Azaleen, Magnolien, Mohn, Clematis, Hortensien, Palmen, Bambus, Eukalyptusbäume, Gemüse. Leider schlug das Wetter plötzlich um und es regnete in Strömen. Gut, dass wir sowieso schon auf dem Rückweg zum Auto waren und so nur ein bisschen nass geworden sind. Unser Hotel "Loch Maree" (DZ ab 130 EUR inkl. Frühstück) haben wir auch schnell gefunden - es war das einzige weit und breit auf dieser Straße. Unser Zimmer war warm, gemütlich, hatte Blick auf den See und unter unserem Fenster standen Rehe. Das Wasser im Hotel kommt direkt aus dem See und Handyempfang ist da gleich Null. Funktionierte alles nur über Satellit. Das Abendessen und auch das Frühstück waren für uns absolut wunderbar und völlig ausreichend.
Tag 9: Loch Maree - Oban 359 km
Nach dem Frühstück stiegen wir ins Auto und fuhren Richtung Fort William. Die Hügel waren an dem Tag wolkenverhangen, aber an und zu blickte die Sonne kurz durch und strahlte auf die Seen - ein wirklich atemberaubender Anblick. Je weiter südlich wir kamen, desto schöner wurde auch wieder das Wetter. Fort William, die größte Stadt der westlichen Highlands, haben wir eigentlich nur aus dem Auto gesehen. Städtetrips waren auf dieser Reise sowieso nicht in unserem Sinn und wenn man gerade aus der absoluten Natur zurückkehrt, dann erst recht nicht. Kurz angehalten haben wir dann nur, um ein Foto von Ben Nevis zu machen, dem mit 1.345 Metern höchsten Berg Großbritanniens. Unser eigentliches Ziel war nämlich das Glenfinnan Monument und Viadukt, also eher das Viadukt. Denn wer Harry Potter kennt, kennt aus den Filmen eben genau dieses Viadukt. Dort tuckert nämlich immer der Hogwarts-Express drüber ;) Das konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen (also der Mann musste notgedrungen mit) und so sind wir mit einer Menschenhorde den Berg raufgestiegen. Und der Anblick „in echt“ ist schon spektakulär!
Die Sonne haben wir dann endlich in Oban wiedergefunden, einer kleinen Stadt in der sich der Hauptfährhafen zu den Inneren und Äußeren Hebriden befindet. Oban nennt sich außerdem Seafood Capital of Scotland und es war einfach so viel los, dass wir einfach nur durch- und gleich bis in unser Hotel weitergefahren sind. Das Knipoch House Hotel (DZ ab 200 EUR inkl. Frühstück) im Landhausstil ist mehrere Jahrhunderte alt und besitzt noch die originalen eichengetäfelten Wände. Unser Zimmer war sehr elegant und hatte Blick in den Garten. Wir waren am Abend im Hotel essen und auch das kann man gut und gern weiterempfehlen. Auch das schottische Frühstück war sehr zufriedenstellend.
Tag 10: Oban - Ayr 229 km
Die nächsten beiden Tage waren eigentlich total ungeplant. Wir hatten nur vor weiter nach Süden zu kommen und haben uns unterwegs einfach angesehen, was wir irgendwo auf dem Weg gelesen hatten. Und so sind wir in Inveraray gelandet. Allein schon den Ort richtig auszusprechen, hat uns einiges an Zeit gekostet ;) Zuerst haben wir das dortige Castle besucht. Es ist Stammsitz des Duke of Argyll, Chief des Campbell-Clans. Die Waffensammlung im höchsten Raum Schottlands (Deckenhöhe 21 Meter) ist wirklich beeindruckend, auch wenn ich mir persönlich davon nicht viel abgewinnen kann. Interessanter waren dann schon die anderen Räumlichkeiten, die Bilder der Familie und des Clans, die ehemalige Küche, die Einrichtung und natürlich der wunderschöne Park. Solche akkuraten Rasenflächen gemischt mit alten Bäumen und Wildwiesen sind ein Traum fürs Gartenherz. Oder halt für meins. Nach einer kurzen Stärkung habe ich mich überreden lassen, noch das ehemalige Gefängnis und Gerichtsgebäude anzusehen, welches seit 1989 als Museum wiedereröffnet wurde. Und ich muss sagen, dass sich das wirklich gelohnt hat. Man bekommt einen interaktiven Audioführer und kann alles selbst erkunden. Die alten Räume wurden so dargestellt wie sie früher einmal waren und mit „Menschen“ bestückt, die einem ihre Geschichte erzählen. Wir haben einer Gerichtsverhandlung beigewohnt, die Folterkammer gesehen, in einem Zellenbett gelegen und das Außengelände besichtigt. Auf dem Rückweg zum Parkplatz wurde es plötzlich laut und belebt und plötzlich standen wir inmitten von Highland Games. Das mal live vor Ort zu erleben war einmalig! Wettkämpfe im Dudelsackspielen, in traditionellen Tänzen, Baumstammwerfen und überall Haggis, frisch geräucherte Fische und Bier. Für uns ein richtig schönes Erlebnis. Dieser Tag zählt absolut zu meinen Highlights dieser Reise!
Übernachtet haben wir in Ayr, im Hotel Western House (DZ ab 130 EUR inkl. Frühstück), einem Herrenhaus aus dem Jahr 1920. Unser Zimmer war elegant und gemütlich, das Abendessen im Restaurant sehr lecker und das Frühstück hervorragend.
Tag 11: Ayr - Dumfries 165 km
Da wir auch an diesem Tag nichts Richtiges geplant hatten, sind wir in die örtliche Shoppingmall gefahren und haben Sachen gekauft, in die mein wachsender Bauch dann auch reinpasste. Auf unserem weiteren Weg nach Süden haben wir in Rockcliffe eine Pause eingelegt und sind durch das kleine Küstendorf und am Strand entlang spaziert. Die vorgelagerten Inseln Rough Island und Hestan Island kann man gut zu Fuß erreichen, sollte dabei jedoch die Gezeitentabelle im Blick haben, um nicht von einer Flut überrascht und den Rettungsbooten wieder ans Festland gebracht zu werden. Wir sind nur ein wenig durch den festen Schlamm gewatet und dann weiter Richtung Southerness gefahren. Unterwegs mussten wir unbedingt noch einen kurzen Stopp am Sandstrand von Sandyhills machen. Sandstrände in Schottland sind ja nicht so üblich. Schön ist in Southerness der alte Leuchtturm. Dieser ist das drittälteste Leuchtfeuer (von 1749) in Schottland. Da dann leider ein Unwetter aufzog, haben wir uns Caerlaverock Castle nur von außen angesehen. Aber auch das war schon beeindruckend. Der Grundstein der wirklich gut erhaltenen Burgruine wurde bereits 1270 gelegt und sie ist komplett von einem Wassergraben umgeben.
Übernachtet haben wir im Rivendell (DZ ab 90 EUR inkl. Frühstück), einem Kunsthandwerksherrenhaus und nur 15 Gehminuten vom Stadtzentrum Dumfries entfernt. Wir hatten ein geräumiges Erkerzimmer mit antikem Himmelbett und das schottische Frühstück war sehr gut.
Tag 12: Dumfries - Morecambe 195 km
Unser nächstes Ziel wartete in Gretna Green auf uns. Das kleine Dorf liegt an der Grenze Schottlands zu England. Da man in Schottland ohne die Erlaubnis der Erziehungsberechtigten heiraten konnte, wurde der Ort über 200 Jahre von heiratswilligen Minderjährigen aufgesucht. Die alte Schmiede von 1712 wurde dabei zum Zentrum des Heiratshandels und ist bereits seit 1887 eine Touristenattraktion. Auch heute noch werden in dem Ort viele Ehen geschlossen, manchmal sogar 5000 im Jahr. Wir haben dort nicht geheiratet, sondern uns nur die alte Schmiede angesehen und ein paar hübsche Souvenirs erstanden.
Auf der Weiterfahrt hatten wir uns dann entschlossen noch am Castlerigg Stone Circle, einem der größten Steinkreise Englands, anzuhalten. Dort war die Stimmung irgendwie mystisch. Erst kommt eine schmale Straße an der wir geparkt haben. Dann eine Steinmauer und viel Grün. Nur anhand einiger Menschen haben wir den Steinkreis gefunden. Man konnte bis an die Steine herangehen, sie anfassen und außer dem Gemurmel der Menschen und den Schafen nebenan, hat man dort nicht viel gehört. Das hat mir sehr gefallen.
Ein Ziel an diesem Tag hatten wir noch - das Sizergh Castle & Garden. Das Gelände ist immernoch bewohnt und die Dame des Hauses ist uns sogar über den Weg gelaufen. Ich glaube ich stand mit offenem Mund da - gerade hatten wir uns die Familiengalerie an der Wand angesehen und schon stand Mrs Angela Hornyold-Strickland höchstpersönlich vor uns. Also eigentlich ist sie nur schnell an uns vorbeigehuscht, aber sie war da! Und ich hin und weg! Da lief sie - lebendige Geschichte im rosa Strickpullover. Ganz toll fand ich auch das Klingelbrett - je nachdem in welchem Zimmer geläutet wurde, leuchtete dort am Brett eine Lampe auf. Wie bei Cinderella. Auch die zur Besichtigung freigegebenen Räume sind spannend: zum Beispiel das Schlafzimmer, in dem sich im Schrank das „Badezimmer“ versteckt. Die Gartenanlage ist etwas ganz Besonderes: man spaziert durch den Steingarten, vorbei an bunten Sträuchern und wilden Blumen zum Küchengarten, durch den Obstgarten zu den Bienenstöcken und Hühnern bis zum See. Die Blütenpracht, die kleinen gestalterischen Details, farblich abgestimmte Büsche und Sträucher, wie sich gepflegter Garten mit Wildwuchs abwechseln… ich schwärme schon wieder. Aber dieser Garten ist einen Besuch auf jeden Fall wert! Ehrlich zugeben muss ich, dass mir die blumenbewachsene steinerne Privattreppe am besten gefallen hat.
Unser letztes Ziel für diesen Tag war Morecambe, ein Seebad im Nordwesten Englands. Begrüßt wurden wir von kleinen bunten Booten die bei Ebbe direkt an der Küste lagen. Zuerst haben wir unser gemütliches Zimmer unterm Dach des Yacht Bay View Hotels (DZ ab 85 EUR inkl. Frühstück) direkt am Meer bezogen. Die Bettwäsche war so gemütlich, dass ich bis heute davon schwärme. Alles sehr hell und warm eingerichtet - dort habe ich mich besonders wohlgefühlt. Auch die Besitzerin war ganz freundlich und hat sich lange mit uns unterhalten, uns ihre Geschichte erzählt und uns Tipps für Ausflüge gegeben. Das Frühstück am nächsten Morgen hat sie zusammen mit ihrer Mutter zubereitet und das war wirklich hervorragend! Am Abend waren wir noch etwas in einem Pub in Morecambe essen und weil wir ja nun schon eine Weile von zu Hause weg waren, hatte ich Appetit auf Hausmannskost: Kartoffelpüree mit Würstchen und Erbsen. Sehr zu empfehlen ;)
Tag 13: Morecambe - Telford 254 km
Gut ausgeruht und mit wirklich tollem Frühstück im Bauch, haben wir uns auf den Weg nach Shrewsbury gemacht. Unterwegs haben wir noch bei Beeston Castle angehalten, weil uns das auf der Straße quasi ins Auge gesprungen ist. Also das Schild, nicht das Castle selbst. Durch das Torhaus am Füße des Hügels, gelangt man einen steilen Weg nach oben zur Burgruine. Auch wenn der Aufstieg nicht ganz so entspannt war, lohnt sich der Ausblick von dort oben allemal. Man sollte nur eine wetterfeste Jacke mitnehmen - da ziehts wie Hechtsuppe ;)
Später in Shrewsbury haben wir einen kleinen Stadtbummel gemacht. Auch dort findet man wieder hübsche Fachwerkhäuschen, von denen über 600 denkmalgeschützt sind. Das historische Stadtzentrum mit seinem mittelalterlichen Straßenmuster und den engen Passagen ist bis heute erhalten. Besonders verwinkelt sind „The Shuts“ - enge Gässchen mitten in der Stadt. Butcher’s Row ist dabei die älteste Straße der Stadt.
Auf dem Weg zum Hotel kamen wir dann noch an der Iron Bridge Gorge vorbei, der weltweit ersten Eisenbahnbrücke. 1779 wurde sie fertiggestellt und markiert den Beginn des Industriezeitalters. 1986 wurde die Brücke dann, zusammen mit dem Museumskomplex drumherum, zum Weltkulturerbe erklärt. Insgesamt gibt es zehn Museen entlang der Schlucht, zum Beispiel das Eisenmuseum, Porzellanmuseum oder das Iron Bridge Tollhouse.
Übernachtet haben wir im Old Orleton Inn (DZ ab 140 EUR inkl. Frühstück), einem ehemaligen Gasthof aus dem 17. Jahrhundert. Unser Zimmer im Boutique-Stil war sehr gemütlich, nur das Badezimmer musste ich suchen. Gefunden habe ich es dann im Wandschrank. Das Abendessen war wirklich gut: britisches Essen mit frischen Produkten die hauptsächlich aus der Region stammen.
Tag 14: Telford - Bristol 300 km
Nach einem sehr guten englischen Frühstück ging es für uns weiter nach Stratford-upon-Avon, dem Geburts- und Sterbeort von William Shakespeare. Bevor wir jedoch direkt in die Stadt gefahren sind, haben wir ins zuerst das Cottage von Anne Hathaway, der Ehefrau Shakespeares, angesehen. Das ist ein über 500 Jahre altes Bauernhaus mit zwölf Zimmern und einem wundervollen Garten. Hineingegangen sind wir nicht, da uns die Menschenschlange davor einfach zu lang war. Kurz angehalten haben wir auch noch bei der Glebe Farm (oder Mary Arden’s Farm) - dem Bauernhaus der Mutter Shakespeares. Die Häuser und der Bauernhof werden heute als „Tudor-Bauernhof“ dargestellt und man kann gut und gerne den ganzen Tag dort verbringen. Ein schönes Ziel vor allem mit Kindern. Es gibt täglich verschiedene Aktivitäten, Spielplätze, Tiere, Ausstellungen, Essen und Trinken - also für jeden ist etwas dabei. Wir haben von einem Besuch abgesehen und sind direkt ins Zentrum von Stratford-upon-Avon gefahren. Einen Parkplatz zu finden war gar nicht so einfach und teuer bezahlen muss man den dann auch. Nur so als Tipp - die gebuchte Parkzeit sollte man auch nicht überschreiten. Es wird engmaschig kontrolliert und bei Missachtung kann es echt teuer werden. Das Stadtzentrum ist charmant, aber leider völlig von Touristen überlaufen. Wenn man sich das Geburtshaus von William Shakespeare oder auch „New Place“ (das Haus in dem er später lebte) von innen ansehen will, muss man sich auch eine ganze Weile anstellen. Das haben wir nicht gemacht, sondern lieber die Sonne bei einem Stadtbummel und einem Eis (Rum and Raisins - hmmm lecker!) genossen. An Hall’s Croft, dem Haus der Tochter von Shakespeare, sind wir dabei auch vorbeigekommen. Je weiter weg man von Shakespeare kommt, desto weniger Touristen laufen einem über den Weg. Ein kleiner Spaziergang lohnt sich also wirklich, weil der Ort an sich recht hübsch und (Achtung!) idyllisch ist. Wieder im Auto ging es weiter nach Bath. Wir sind durch die Cotswolds gefahren, eine Region, die auch als Herz Englands bezeichnet wird. Die Beckhams haben auch ein Haus hier. Typisch sind die Häuser aus Kalkstein und die Bilderbuchdörfer. Von vielen Bildern bekannt ist Castle Combe oder auch Cheltenham. Wir sind mit dem Auto von Ort zu Ort gefahren und haben einfach alles auf uns wirken lassen. Angekommen sind wir dann irgendwann auch in Bath, die Stadt der römischen Bäder. Den Besuch haben wir allerdings auch sehr kurz gehalten, da das Wetter sehr regnerisch war und die Stadt von Touristen überrannt wurde. Beeindruckend waren die historischen Gebäude und vor allem Bath Abbey trotzdem. Nach einem kleinen Souvenirkauf und vor einem riesengroßen Regenguss waren wir wieder im Auto und sind ins Hotel gefahren. Das Double Tree by Hilton Bristol North (DZ ab 100 EUR) war gewohnt gut. Es hatte einen Indoorpool, die Zimmer waren modern und das Essen gut mit großer Auswahl am Frühstücksbuffet.
Tag 15: Bristol - Bideford 238 km
Am nächsten Tag haben wir den Ort Cheddar besucht. Dieser ist vor allem für seinen Käse bekannt, der dort vor Ort noch in der Höhle reifen darf. Die Gough’s Cave, in der auch das älteste (etwa 9.000 Jahre alte) vollständige menschliche Skelett gefunden wurde, haben wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Die Höhle ist wirklich riesig und hinter jeder Biegung erwartet einen etwas neues Spannendes. Die Multi-Media-Show Dreamhunters in der benachbarten Cox Cave haben wir uns auch angesehen. Sie erzählt die Geschichte unserer Vorfahren, von Mammuts und Jägern und Sammlern. Während man durch die Höhle läuft und der Geschichte zuhört, werden Bilder an die Wände geworfen, so dass man sich teilweise „mittendrin“ fühlt. Auch für Kinder ein schönes Erlebnis. Nachdem wir noch die Jakobsleiter, eine sehr steile Treppe mit 274 Stufen aus der Schlucht heraus, erklommen und die 360-Grad-Aussicht vom Turm aus genossen haben, musste natürlich noch etwas Cheddar probiert werden. Kosten und kaufen kann man den Käse dort überall, es werden auch große Käseverkostungen angeboten. Wir hatten das Gefühl an diesem Tag noch nicht genug gelaufen zu sein, also sind wir noch nach Clovelly gefahren. Clovelly ist ein malerisches Fischerdorf, das nur zu Fuß besucht werden kann. Für ältere und gebrechliche Menschen gibt es einen Shuttle-Service. Wir haben also unser Auto auf dem Parkplatz abgestellt, haben unser Eintrittsgeld bezahlt und sind den wunderschönen idyllischen Weg nach unten ins Dorf spaziert. Eintrittsgelder werden seit 1988 erhoben, da sich das Dorf seit 250 Jahren im Privatbesitz befindet und die Familie das Geld zur Erhaltung des Dorfes nutzt. Schon der erste Blick ist atemberaubend: eine steile kopfsteingepflasterte enge Straße mit weißen Häuschen links und rechts, überall Blumen und das Meer im Hintergrund. Zur besten Reisezeit ist der Ort wahrscheinlich von Touristen nur so überfüllt, aber da wir relativ spät dran waren, war es auszuhalten. Unten angekommen steht man im Hafen und blickt auf die Kaimauer, wo sich die letzten Besucher in der Sonne ausruhen, Kinder ins Wasser springen und die kleinen Fischerboote vor sich hin schaukeln. Das war wie im Bilderbuch. Ganz unbilderbuchhaft mussten wir dann irgendwann den steilen Weg wieder nach oben. Mit ganz vielen Pausen zwischendurch und Blick auf die Häuser, die in der untergehenden Sonne bläulich schimmerten, war es ganz gut auszuhalten und irgendwann sind wir auch wieder leicht verschwitzt am Auto angekommen.
Übernachtet haben wir in Bideford im Durrant House Hotel (DZ ab 130 EUR). Eigentlich ein imposantes Hotel, leider jedoch in die Jahre gekommen. Ein paar Geschäftsreisende und Busse mit Rentnergruppen, die am Abend eine Veranstaltung hatten, waren dort. Und wir. Unser erstes Zimmer war ganz hübsch und mit Blick auf den Innenhof, aber die Tauben vorm Fenster und der Geruch nach abgestandenem Rauch hat mir dann doch Übelkeit verursacht, Das erste Mal in meinem Leben, dass ich tatsächlich ein Zimmer tauschen musste und wollte. Hat aber anstandslos geklappt und das neue Zimmer war wirklich in Ordnung. Auch das Abendessen und Frühstück waren gut und wir hatten nichts zu beanstanden.
Tag 16: Bideford - St Ives 281 km
Tag 16 war ziemlich vollgepackt und wir hatten es geradeso noch zum Abendessen geschafft. Los ging der Tag mit Tintagel Castle, was uns auf der Autofahrt uns Auge gesprungen war. Nach der Artussage soll König Artus dort gezeugt und geboren worden sein. Zur Burg selbst führen nur steile Zu- und Abgänge. Der erste lange Weg zur Burg kann mit dem Shuttle zurückgelegt werden, aber da verpasst man den spektakulären Ausblick auf das Meer und die steinige felsige Küste. Den Rest des Weges zur Burg muss man über unzählige Treppen hoch und runter zu Fuß zurücklegen. Da weiß man dann was man gemacht hat. Also den Weg fand ich spektakulärer als die Burg selbst. Wahrscheinlich weil davon außer ein paar Mauern und Steinen nicht mehr viel übrig ist. Schön war dann auch die kleine Bucht mit der angrenzenden Merlin’s Cave. Hier soll Merlin den Säugling Artus in Sicherheit gebracht haben. Zeitlich passen Artur und Tintagel Castle nicht ganz zusammen, aber mit einer Geschichte im Hinterkopf macht eine Besichtigung eben noch mehr Spaß. Weiter ging es dann für uns bis zum Lizard Point, dem südlichsten Punkt auf der Hauptinsel Großbritanniens. Da wir schon den nördlichsten Punkt aus Zeitgründen weggelassen hatten, haben wir immerhin den südlichsten Punkt mitgenommen. Wieder ein toller Ausblick aufs Meer, Leuchttürme und die alte Station der Royal National Lifeboat Institution, die aber nicht mehr in Betrieb ist. Nach einer kleinen Wanderung querfeldein vorbei an allerhand Kühen, sind wir mit dem Auto weiter bis zu Land’s End gefahren. Unterwegs haben wir noch einen kurzen Fotostop bei St. Michael’s Mount und in Mousehole gemacht. St. Michael’s Mount ist eine Gezeiteninsel vor dem Ort Marazionin, die man bei Ebbe über einen schmalen Damm und bei Flut mit der Fähre erreichen kann. Zu sehen gibt es dort eine Kapelle aus dem 15. Jahrhundert, das Schloss, die subtropischen Gärten, den kleinen Hafen und das Dorf. Jenny Colgan inspirierte die Insel für den Ort Mount Polbearne in ihrem Buch „Die kleine Bäckerei am Strandweg.“. Ein ganz tolles Buch übrigens. Mousehole ist ein kleines Dorf und hat sich den altem dörflichen Charme erhalten können. Den kleinen Fischerhafen im Ortskern erreicht man durch enge und verschlungene kleine Straßen, an den steilen Hängen stehen alte Häuser aus Schiefer und Granitstein und man hat einen tollen Blick aufs Meer.
In Land’s End angekommen war der größte Touristenstrom glücklicherweise schon vorbei. Gleich nach dem Parkplatz wurde für diesen Strom extra eine Spiel-Fress-Shoppingmeile errichtet, die wahrscheinlich heutzutage ein Muss ist. Das hatte alles schon geschlossen und so konnten wir tatsächlich relativ zügig zu Großbritanniens westlichstem Punkt auf der Hauptinsel vordringen. Unterwegs kamen wir am ersten und gleichzeitig letztem Haus und dem ersten und gleichzeitig letztem Briefkasten Englands vorbei. Da wir wirklich gutes Wetter hatten, konnten wir von den Klippen aus den zwei Kilometer entfernten Longship Leuchtturm, der auf einer kleinen Insel steht, sehen. Da es schon ziemlich spät war, haben wir im Hotel gleich noch etwas Kleines gegessen: das was übrig war, denn eigentlich hatte die Küche schon geschlossen. Da wir zur Hauptreisezeit unterwegs waren, hatten wir es nicht so leicht in St. Ives, einem bekannten Ferienort und Künstlerkolonie, noch ein Hotel in der Nähe vom Strand zu bekommen. Das Treloyhan Manor Hotel (DZ ab 200 EUR inkl. Frühstück) kam uns da gerade recht. Dafür hatten wir dann leider auch das wohl einzig verbliebene Zimmer bekommen - klein, mit zwei Einzelbetten die geradeso reingepasst haben und mit Blick zum Parkplatz, wo am Morgen natürlich der große Aufbruch stattfand. Das Frühstück war aber wieder völlig in Ordnung.
Tag 17: St Ives - Par 94 km
Der nächste Tag war wieder ein absolutes Highlight für mich. Nach dem Frühstück haben wir erst einen Spaziergang zum Strand gemacht. Dieser war wunderschön - lang, breit, sauber. Gebadet haben wir trotzdem nicht, da das Wasser nicht wirklich warm war. Weiter ging es dann zum Eden Project, einem botanischen Garten mit zwei riesigen Gewächshäusern in denen verschiedene Vegetationszonen simuliert werden. Hat mich sehr an das Gondwanaland im Leipziger Zoo erinnert. Es gibt natürlich Außengärten mit einem Lavendel- und Sonnenblumenfeldern, Kräutergarten, Schnittblumenbeeten und Unzähligem mehr. Eines der Gewächshäuser beinhaltet den Regenwald mit Palmen, Bananenstauden, Kaffeepflanzen, Hibiskusblüten überall, Kakteen, Wasserfällen und zwischendrin immer jede Menge Informationen. Das andere Gewächshaus beheimatet alles was mediterran ist, aber auch Gewächse aus Kalifornien, Südafrika und Westaustralien - Blumen, Kakteen, Zitrusfrüchte, wilden Wein, Oliven. Im Besucherzentrum kann man neben den üblichen Souvenirs auch Samen und Ableger von allen möglichen Pflanzen kaufen. Haben wir natürlich auch gemacht ;)
Voll bepackt und bei Temperaturen an die 30 Grad sind wir irgendwann wieder am Auto angekommen und sind weitergefahren zum Lanhydrock House, einem alten Herrenhaus, das hauptsächlich aus der Zeit Königin Victorias stammt. Teile davon sind jedoch viel älter. Der Rundgang durch die 50 Zimmer dauert ungefähr zwei Stunden, aber man kann sich unterwegs immer mal ausruhen. Alles ist wirklich liebevoll hergerichtet und man fühlt sich total in eine andere Zeit versetzt. Dort wäre ich gern für ein paar Wochen eingezogen. Der Rundgang beginnt mit dem äußeren und dem inneren Saal, die beide zahlreiche Bilder und Portraits beinhalten. Auf dem Weg zum ersten Stock kommt man an den gesellschaftlichen Räumen vorbei: der Lobby, dem Wohnzimmer, Billardzimmer, Rauchsalon, Büro des Verwalters und dem Speiseraum. Die Küche in unmittelbarer Nähe darf natürlich nicht fehlen. Doch mit einer Küche allein war es damals nicht getan: Vorratskammer, Fleischkammer und Milchkammer gehörten ebenso dazu wie Teigstube, Backhaus, Milchküche und Spülküche. Im ersten Stock findet man die Ankleide- und Schlafräume, Bade- sowie die Kinderzimmer. Also eigentlich gab es sogar einen eigenen Kindertrakt mit Küche, Spielzimmer, Schlafzimmern für Kinder und Kinderfrau und ein Kinderbad. Außerdem befanden sich oben die übrigen Kammern für die Dienstboten und Hausmädchen, fürs Gepäck und die Wäsche und die anderen Privaträume: Salon, Boudoir, Gebetsraum, Tagesraum und Galerie. Doch es sind eher die kleinen Details, die das Ganze noch spannender machen. Zum Beispiel die Speisenausgabe genau zwischen Esssaal und Geschirrschrank und Küche: Dort wurden die Speisen warmgehalten und die Tischtücher mit der Leinenmangel geglättet. Oder die verschiedenen Küchenräume: in der Milchküche wurde die angelieferte Milch zu Butter, Käse, Sahne oder Quark weiterverarbeitet, in der Fleischkammer hingen Kochschinken und frisch geschlachtetes Geflügel an Haken von der Decke, in der Vorratskammer standen Eistruhen, für die das Eis extra mit dem Zug herangeschafft wurde. Auch das ganze Geschirr, die Töpfe, Haushaltsgegenstände, die Einrichtung, das Spielzeug… Stunden hätte ich dort verbringen und stöbern wollen. Doch nicht nur das Haus, auch der Innenhof, die kleine Pfarrkirche, die Gärten und der Park sind sehenswert. Am Ende des Tages taten uns vom vielen Laufen die Füße weh, aber es hatte sich total gelohnt. Ausgeruht und mit richtig gutem Essen gestärkt haben wir uns dann im Britannia Inn (DZ ab 110 EUR inkl. Frühstück). Essen gut, alles gut!
Tag 18: Par - Salisbury 357 km
Tag 18 führte uns eine gefühlt nie enden wollende Autofahrt bis zu Stonehenge. Kennt jeder, muss ich euch nicht viel dazu erzählen. Nur soviel: ich war total enttäuscht. Klar ist das eine riesengroße Touristenattraktion, da müssen Parkplatz und Besucherzentrum und alles drumherum dem angepasst sein, aber im Vergleich dazu waren die Steine winzig. Also die Atmosphäre und die Größe des Steinkreises kamen überhaupt nicht zur Geltung. Es gibt einen Weg für Touristen drumherum, der abgesperrt und ziemlich weit weg ist. Mir ist klar, dass besser nicht jeder Tourist auf den Steinen herumklettern und sie anfassen sollte, aber so „lieblos“ hatte ich mir das Ganze nicht vorgestellt. es war einfach nur ein bekannter Steinkreis auf einer Wiese. Da hatte der Castlerigg Stone Circle weit mehr Atmosphäre. Aber gut, wir haben Stonehenge gesehen und einmal im Leben ist das ok - stand auf meiner Bucket List, abgehakt. Für den Zwerg würde ich natürlich nochmal hinfahren ;) Besucht haben wir dann auch noch Salisbury, ein Ort, in dem vor allem die Kathedrale nennenswert ist. Der im 14. Jahrhundert erbaute Turm ist mit 123 Metern der höchste Kirchturm Großbritanniens. Auch innen ist die Kathedrale wunderschön und wir haben einfach eine Weile dort gesessen und die Atmosphäre auf uns wirken lassen.
Nach einem kurzen Spaziergang durch Salisbury sind wir weiter gefahren zu den Stonehenge Cottages (DZ ab 105 EUR inkl. Frühstück), wo wir übernachtet haben. Wir hatten dort die Junior Suite „The Stable“ und alles dort war einfach gemütlich und mit viel Liebe zum Detail eingerichtet. Alles Notwendige fürs Frühstück war bereits in der kleinen Küche und frische Brötchen hingen am Morgen an der Tür. Gleich gegenüber ist auch ein Pub und ein Restaurant, welches sogar die Cottages mit Essen beliefert. Diese Unterkunft gehörte zu unseren Favoriten auf dieser Reise.
Tag 19: Salisbury - Rye 242 km
Unser letzter richtiger Tag in England führte uns über Brighton und Eastbourne bis nach Rye. In Eastbourne war ich in der achten Klasse mit der Schule für zwei Wochen und da haben wir auch Brighton besucht. Nur aus diesem Grund wollte ich dort nochmal hin. Bekannt in Brighton ist das denkmalgeschützte Palace Pier von 1899. Früher ein häufig besuchter Theater- und Unterhaltungsort, ist es heute eher ein Vergnügungspark mit Fahrgeschäften, Fressbuden, Glücksspiel. In Eastbourne haben wir am Beachy Head angehalten, einer steilen Klippe am Kreidefelsen. Die Aussicht von da ist einfach wunderschön.
Rye ist eine Stadt, die sich ihren mittelalterlichen Charakter bis heute erhalten konnte. Kopfsteingepflasterte Straßen, Fachwerkhäuser, ehemalige Schmugglertreffs. Leider hatten wir nicht genug Zeit alles genau zu erkunden, aber wir kommen bestimmt nochmal wieder!
Übernachtet haben wir im Willow Tree House (DZ ab 120 EUR inkl. Frühstück), wo wir sehr freundlich empfangen wurden und uns auf einer Karte gleich gezeigt wurde, was ihr uns unbedingt in Rye ansehen sollten. Das Gebäude selbst stammt aus dem 18. Jahrundert und ist ein ehemaliges Bootshaus und nicht weit vom Zentrum entfernt. Die Zimmer waren ursprünglich und sehr gemütlich, das Frühstück sehr lecker mit hausgemachtem Gebäck und Zutaten aus der Region.
Wir haben diese Reise sehr genossen und wenn der Junior etwas älter ist, werden wir Großbritannien in ähnlicher Weise nochmal besuchen.
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Andreas (Mittwoch, 05 August 2020 18:02)
Ich war dabei! Einfach nur empfehlenswert...:-)